Rezensionen
Samstag, 20. November 2010

"Roman mit Tiefgang" (Kölner Schatten)

von M. M. (Diplompsychologe) am 21.10.2010 bei neobooks.de zu "Keine Wahl"

Sprache/Duktus: Ungeheuer dichte Sprache, die aus dem Wechsel von innerem und äußerem Geschehen ihre Spannung bezieht.

Zusammenfassend: Ein Roman mit Tiefgang. Genau so kenne ich das Erleben vieler Menschen, die unter den Folgen einer Traumatisierung zu leiden haben. Und die dann mit dem Etikett "Borderline" abgestempelt werden. Dieses Ineinander von äußerem Verhalten und innerem Prozess, den ständigen flashbacks und Intrusionen, das ist hier auf geniale Weise sprachlich umgesetzt. Es gelingt dem Autor, mich als Leser emotional in der Schwebe zu halten: Einerseits Mitgefühl für die leidende Lehrerin und andererseits aber auch Wut auf sie, weil sie der Schülerin nicht hilft, die doch wahrscheinlich Ähnliches erleidet. So sehr ich der erwachsenen Frau die Verdrängung gönne - sie ist einfach nicht in der Lage, sich angemessen um ein Kind zu kümmern. Und ja, es liegt natürlich in der Tragik helfender Berufe, dass die beiden gerade hier zusammen treffen. Somit ist es vielleicht auch ein starkes Statement für die flächendeckende Einführung von Selbstreflexion und Supervision in Lehrberufen. Dieser Roman gehört in die Läden und sollte zur Pflichtlektüre in der Lehrerausbildung (aber nicht nur dort) gemacht werden